BERICHT EXPERTENTELEFON „Eisenmangel“ am 17.11.2016
Zu den Risikogruppen für einen Eisenmangel zählen Menschen mit chronischen Erkrankungen, mit speziellen Ernährungsgewohnheiten und insbesondere auch Frauen. Bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, aber auch bei Herzinsuffizienz kann das aus der Nahrung stammende Eisen über den Darm oft nur unzureichend aufgenommen werden. Menschen mit Herzschwäche etwa leiden dann verstärkt unter typischen Symptomen des Eisenmangels wie Müdigkeit, Erschöpfung, Leistungsabfall und sogar Luftnot oder Herzrasen, die die Anzeichen der Grunderkrankung überlagern und sogar verschlimmern können.
Verwertungsstörung, geringe Eisenaufnahme oder Blutungen als Ursachen
Neben einer unzureichenden Verwertung kann dem Problem auch eine zu niedrige Eisenaufnahme zugrunde liegen. So haben beispielsweise Vegetarier und Veganer ein erhöhtes Risiko, selbst wenn sie auf eisenreiche Pflanzennahrung setzen. Der Grund: „Der Körper kann tierisches Eisen wesentlich besser aufnehmen als pflanzliches“, erläuterte Dr. Anja Sandek. Außerdem behindert zum Beispiel die in Pflanzen wie Soja enthaltene Phytinsäure die Aufnahme und Verarbeitung des Eisens. Dr. Quasdorff gab deshalb Tipps, wie auch ohne Fleisch die Eisenversorgung verbessert werden kann: „In pflanzlichen Lebensmitteln kommt überwiegend sogenanntes dreiwertiges Eisen vor. Dessen Verfügbarkeit kann bereits durch kleine Mengen an Vitamin C oder anderen Säuren aus Obst, Gemüse oder Sauerkraut deutlich gesteigert werden. Zudem kommt es auf die richtige Zubereitungstechnik an, wie etwa das Einweichen oder Keimen von Getreide und Hülsenfrüchten, wodurch der Gehalt an Phytinsäure verringert werden kann.“
Besonders häufig können Frauen im Menstruationsalter von einem Eisenmangel betroffen sein. Dann sei eine fachärztliche Abklärung möglicher gynäkologischer Probleme oder Blutungsursachen ratsam, so Dr. Quasdorff. Auch in der Schwangerschaft ist ein Eisenmangel nicht selten und erfordert eine intensive Beratung durch den behandelnden Arzt.
Bei Herzschwäche den Eisenwert bestimmen lassen
Dr. von Haehling empfahl insbesondere Herzschwäche-Patienten, möglichst rasch eine wirksame Behandlung einzuleiten und dazu ihren Ferritin- und TSAT-Wert bestimmen zu lassen: „Grundsätzlich ermöglicht der Ferritin-Wert eine gute Orientierung, wie viel Eisen noch im Körper verfügbar ist, da das Eiweiß Ferritin Eisen speichert“, so der Kardiologe. „Bei der Blutanalyse kann sich ein Hämoglobin-Wert noch im Normbereich zeigen, während sich der Ferritin-Wert als zu niedrig erweist. Das ist dann ein Hinweis darauf, dass bereits ein Eisendefizit im Körper besteht.“ Leider werde diese Analyse aber nicht immer als Standardmessung herangezogen, da sie teurer sei als die Hämoglobin-Bestimmung.
Infusionen können rasch helfen
Wurde ein Eisenmangel festgestellt, wird der Hausarzt je nach Ausmaß und Grunderkrankung eine entsprechende Therapie verordnen. Hierfür können Tabletten oder Nahrungsergänzungsmittel mit Eisen verordnet werden. Auch eine Ernährungsumstellung kann sinnvoll sein. Bei starkem Eisenmangel reicht das aber oft nicht aus, wie Dr. Sandek betonte, da ein Ausgleich des Defizits mehrere Monate dauern könne. „Die schnellste und effektivste Behandlung des Eisenmangels kann durch eine intravenöse Eiseninfusion erfolgen“, weiß Dr. von Haehling. Nach den neuesten wissenschaftlichen Daten sollten Patienten mit Herzinsuffizienz eine Infusion mit Eisencarboxymaltose erhalten. Dies empfehlen auch die erst vor wenigen Monaten aufgrund dieser Erkenntnisse aktualisierten Therapie-Richtlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Von einer Behandlung auf eigene Faust, zum Beispiel durch frei verkäufliche Eisenpräparate, rieten die Experten eindringlich ab. Dazu Dr. Sandek: „Bei einer langfristigen Einnahme von Eisentabletten in hohen Dosen kann es auch zu einer Eisenüberversorgung kommen. Deshalb sollte die Einnahme von Eisen in Form von Tabletten oder Nahrungsergänzungsmitteln nur nach Diagnose eines Defizits und in Absprache mit einem Arzt geschehen.“
INFOKASTEN
Weitere Informationen im Internet
- Das Online-Portal Eisen-Netzwerk unter www.eisen-netzwerk.de bietet Informationen zum Thema Eisenmangel, zu Ursachen, Symptomen und Therapiemöglichkeiten.
- Die Deutsche Herzstiftung informiert unter www.herzstiftung.de/herzinsuffizienz.html über die Herzschwäche, dort gibt es auch einen Sonderband über die Krankheit zum Download oder zur Bestellung.
- Das Angebot der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) für Patienten mit Herzinsuffizienz findet sich unter www.heartfailurematters.org/de_DE.
Am Telefon und im Chat saßen für Sie:
Priv.-Doz. Dr. Dr. med. Stephan von Haehling, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen
Priv.-Doz. Dr. med. Anja Sandek, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, Oberärztin in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen
Dr. med. Swen-Holger Quasdorff, niedergelassener Facharzt für Innere Medizin in Mönchengladbach, zusätzlich Facharzt für Palliativmedizin und Diabetologe
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